Perfekte Tage – mit und ohne Motorrad

Motorrad fahren und mehr in Osttirol ©TVB Osttirol_Armin Würfl

Osttirol lockt mit herrlichen Motorrad-Revieren, die vom Großglockner und den karnischen Alpen bis hin zu den Pässen der Dolomiten und den urigen Strecken im Friaul reichen. Das Tourenangebot für Biker ist darüber hinaus perfekt aufbereitet und man spürt, dass hier die offenkundige Gastfreundschaft gegenüber den Motorrad-Tourenfans gelebt wird. Bereits die Anreise über die Felbertauernstraße ist schon ein einladendes Stück Motorradurlaub, das Lust auf mehr macht. Das gesegnete Fleckchen heile Welt zwischen Hohen Tauern und Dolomiten macht es uns sehr leicht ein paar Tage länger zu bleiben, nicht zuletzt um diese vielseitige Region auch abseits des Mopedsattels intensiv kennenzulernen. Wir haben für Euch in diesem Beitrag unsere Vorschläge für perfekte Tage in Osttirol zusammengetragen, die allesamt eines gemeinsam haben: Sie werden lange in Erinnerung bleiben.

Text © Heinz E. Studt

Bringt Eure Wanderschuhe mit, die Kondition kommt (fast) von allein

Natürlich ist Osttirol als Wanderparadies wohl bekannt, ja berühmt weit über Österreichs Grenzen hinaus. Die Zahl der Touren ist schier unendlich, Länge, konditioneller Anspruch und Schwierigkeit sind frei wählbar und zahlreiche Bergführer erwarten uns nicht nur in Kals am Südfuß des Großglockners mit einem fröhlichen „Auf geht’s pack mers“.
Wer sich über das Tourenangebot intensiv beraten lassen möchte, sollte in das Tourismusbüro am Urlaubsort gehen, wer sich bereits vorab einen guten Überblick über die schönsten Wanderungen der Region verschaffen möchte, dem sei die umfangreiche Homepage des Osttirol-Tourismus empfohlen, die sich intensiv auch mit dem Thema „Wandern“ befasst.

Und wer den Spuren des Autors folgen möchte, dem sei am Ende des Artikels „Mein perfekter Tag“ empfohlen.

Echte Bergfexe locken die Abenteuer in den Unholden

Die Lienzer Dolomiten im Süden von Osttirols heimlicher „Hauptstadt“ werden wegen ihrer ungewöhnlichen Felsformationen seit alten Zeiten schon die „Unholden“ genannt. Ein einzigartiges Felsenparadies, das bereits Mitte April seine „Pforten“ für die ersten Kletterausflüge des Jahres öffnet. Denn so bekannt diese Region auch unter Bergwanderern ist, so unbekannt ist sie samt ihren Abenteuer-Angeboten für echte Felskletterer. Aktuell erwarten uns dort 27 Klettersteige aller Schwierigkeitsstufen, 13 Klettergärten und -parks - speziell auch für die ganze Familie - sowie weit über 100 Mehrseil-Routen zum felsigen Abenteuer für Körper und Geist.
Unser Tipp: Die Galitzenklamm nahe Lienz ist geradezu perfekt, um auf Klettersteigen aller Schwierigkeiten ganz tief in das Abenteuer „Felsklettern“ einzutauchen. In des Wortes atemraubendster Bedeutung. Aber Vorsicht, auch hierbei besteht durchaus Suchtgefahr.
Auskünfte zum Felsklettern geben alle Tourismusbüros sowie gerne auch die darauf spezialisierten Gastwirte Osttirols.

Wechseln wir einfach mal den Sattel

Nehmt Braincab oder Jethelm - natürlich geht auch der Integrale - sowie Eure Handschuhe und wechselt einfach mal das „Fortbewegungsmittel“. Reiten solo oder in der Gruppe sowie auch Trekking zu Pferd werden in den herrlichen Landschaften Osttirols immer beliebter, denn sie sind hier ein ganz besonderes Erlebnis. Sei es als Anfänger ohne Scheu vor großen Tieren oder als geborener Cowboy mit kräftigen O-Beinen, sei es in der Halle sicher geführt an der Longe oder draußen inmitten alpiner Landschaften, sei es für ein Stündchen über Almen und entlang gurgelnder Bäche oder aber in einem geführten Mehrtages-Ritt mit zünftiger Hüttenübernachtung. Sei es auf gutmütigen Warmblütern oder gebirgstauglichen Haflingern, auf zähen (manchmal auch launischen) Ponys oder echten Quarter Horses - sie alle lieben es, uns ihre Heimat aus neuer Perspektive zu zeigen. In Matrei im Iseltal, in Heinfels im Pustertal sowie ganz oben im herrlichen Virgental erwarten uns Reiterhöfe und ihre erfahrenen Reitlehrern und Reitlehrerinnen zu einem ganz besonderen Abenteuer.
Übrigens: Eine perfekte Kombi-Idee für die pferdeverliebte beste Sozia der Welt - oder den besten Sozius, um an dieser Stelle auch korrekt zu gendern.

Ob mit oder ohne Strom - das alpine Vergnügen füllt jeden Akku randvoll

Über 260 Dreitausender umrahmen Osttirol nicht nur wie eine schützende Perlenkette, ihre Flanken, Täler und Ausläufer formen auch die Landschaften der Region in imposanter Art und Weise. Und sie schaffen ein eigenes, höchst sonniges Mikroklima.
Das Netz der offiziellen MTB-Strecken ist bereits über 600 Kilometer lang und wächst stetig weiter. Seine Bandbreite reicht von genüsslichen Touren entlang des Talgrundes samt Einkehr in Sterneküche-Restaurants bis zu alpinen Strecken mit knackigen Steigungen hinauf zu bewirtschafteten Berghütten, deren Leibspeisen uns perfekt für die Weiterfahrt stärken.
Neu angelegte Single-Trails möchten echte Downhiller begeistern und zahlreiche MTB-Touren sind ausdrücklich auch familienfreundlich, ja bieten Spaß für Groß und Klein.
Unser Tipp für noch „unterentwickelte“ Radl-Waden: Kombiniert doch konditionell anspruchsvolles alpines Radeln mit feinstem Ökostrom und geht die Touren mit dem eigenen - oder einem vor Ort geliehenen - E-Mountainbike an. Und bei der Einkehr wird dann nicht nur der leibliche Akku, sondern auch der des E-MTBs randvoll aufgefüllt. Strom-Tankstellen finden wir allerorten bis hinauf zur Großglockner-Südflanke.

Darf es vielleicht noch mehr Adrenalin sein?

Wir Motorradfahrer haben zweifellos das „Abenteuer-Gen“ und lieben die Herausforderung, die Freiheit und vor allem auch neue Horizonte. Wie die der Vögel ... oder der Gleitschirmflieger. Nun ist der Weg zur eigenen Fluglizenz ein durchaus langer und kräftezehrender, wie der Autor dieses Beitrags bestätigen kann.
Doch wie wäre es zum Einstieg mit einem Tandem-Flug? Fünf Flugschulen erwarten uns in Osttirol zu diesem erinnerungswürdigen Abenteuer, bei dem wir mit erfahrenen Piloten unter Gleitschirmen oder Drachen die Osttiroler Bergwelt aus einer ganz neuen Perspektive erkunden können. Und das völlig gefahrlos bei bestem Flugwetter. Eine akzeptable Grundkondition, festes knöchelhohes Schuhwerk sowie ein paar Stunden Zeit solltet Ihr mitbringen, Ausrüstung, Gurtzeug, Helm und Funk werden Euch von den Profis gerne gestellt. Und nach wenigen Schritten Richtung Abgrund erheben wir uns, folgen den Bergdohlen zur besten Thermik und können mit ein wenig Glück sogar Steinadler grüßen, die zahlreich in Osttirol zu Hause sind.

Apropos Adrenalin - unsere Tipps für den ultimativen Kick

Bungee-Jumping ist auch unter uns Bikern ein beliebter Side-Kick auf unseren Touren in aller Welt. In Osttirol ist die Proßeggklamm nördlich von Matrei der ultimative Hotspot für alle Adrenalin-Junkies. Denn direkt über der 140 m tiefen Schlucht erwartet uns der Teufelssprung - die mit 40 Metern freiem Fall größte Extrem-Seilschwinge der gesamten Region. Für alle Mutigen ab 16 Jahren, immer samstags im Sommer. Bringt all Euren Mut sowie mindestens eine halbe Stunde Zeit mit.

Und immer wieder lockt das Bike

Natürlich darf der Motorradspaß keineswegs zu kurz kommen. So widmen wir uns an den Biketagen u.a. dem Staller Sattel, der Kalser Glocknerstraße und der Pustertaler Höhenstraße. Leider bleibt der Plöckenpass in diesem Jahr aufgrund des Felssturzes noch gesperrt. Wir haben bei unserer Tour ins Friaul den Nassfeldpass genutzt, der weit mehr als nur ein Ersatz ist.


Zum Abschluss des Osttirol-Aufenthalts wartet dann noch mein perfekter Tag.

Mein perfekter Tag in Osttirol

Natürlich beginnt auch dieser perfekte Tag bei Kirsten und mir mit einem guten Frühstück und dem Check meiner Lieblings-Wetter-Apps. Mein Tipp dazu: Wetteronline oder WeatherPro, gering kostenpflichtig, aber mit Satellitenbildern in Echtzeit und sehr zuverlässigen Prognosen auch über einige Tage hinweg.
Ach ja, vielleicht noch ein Hinweis vorweg: Konditionell bin ich eher am unteren Rand meines altersbedingten Mittelfeldes anzusiedeln, ich liebe es aber, als absoluter Technik-Freak, alle Hilfsmittel modernster Reisemethoden gnadenlos für mich arbeiten zu lassen. In diesem Fall sind das die Nutzung des Lienzer ÖPNVs sowie unsere kraftvollen E-Mountainbikes aus bayerischer Produktion. Die mit den ganz großen Akkus. Denn Größe ist in diesem Fall alles - also niemals am Rad-Akku sparen.

Der Plan: Ein Rad-Wander-Tag mit ausgiebiger Erkundung der Großglockner Südflanke bis zur Lucknerhütte oder - je nach Gusto, respektive Pulsfrequenz - auch etwas weiter.
Die Ausrüstung bestehend aus Wanderschuhen samt Stöcken (Tipp: Immer zwei Stöcke, einer allein ist ein Schmarrn) sowie zwei E-MTBs mit prall gefüllten Akkus, Tagesrucksack mit Getränken und Snacks sowie Regenjacke.
Etappe 1: Von Lienz nach Huben, 19 km Länge samt 330 Höhenmeter bergauf.
Für ein gutes E-MTB eigentlich ein Kinderspiel - zumal mit 29-Zoll-Bereifung wie bei mir - doch die Fahrt entlang der Isel flussaufwärts entlang der B108 nach Huben ist von reichlich Verkehr geprägt. Also nehmen wir kurzerhand die Postbuslinie 951 nach Huben, bei der sogar eine Rad-Mitnahme (in kleiner Stückzahl) möglich ist. Und das Beste: Mit Gästekarte ist die Fahrt auch noch umsonst. 30 Minuten später satteln wir unsere E-Bikes und nehmen den Anstieg in das herrliche Hochtal nach Kals am Großglockner in Angriff. Aber erst, nachdem wir den eingesparten Ticketpreis im Café Landerl in ein zweites Frühstück investiert haben. So viel Zeit muss sein.

Etappe 2: Von Huben hinauf nach Kals, 13 Kilometer Länge samt 900 Höhenmetern bergauf.
Die Fahrt ist frisch gestärkt, mit satter Ökostrom-Unterstützung ein Genuss, die Sonne klettert rasch über das Böse Weibl, mit 3.119 m einem der höchsten Gipfel der Osttiroler Schober-Gruppe, und wärmt unsere mit Shorts nur dürftig bedeckten Radlwaden. Kurz vor Erreichen des Kalser Hochtales öffnet sich der Wald und gibt den Blick frei auf die Südflanke des Großglockners. „Groß und mächtig schicksalsträchtig ...“ wollte ich an dieser Stelle jetzt den genialen Wolfgang Ambros zitieren, gleichwohl der mit diesen Worten ja den Schicksalsberg Watzmann im Salzburger Land besang. Doch der höchste Berg Österreichs zeigt sich heute etwas „gschamig“, hüllt sich in dichtes Gewölk, das auch die kräftige Sonne nicht atomisieren kann. Macht nichts, wählen wir also schwungvoll rechter Hand den Abzweig hinauf zur Kalser Glocknerstraße.

Etappe 3: Die Kalser Glocknerstraße zum Lucknerhaus, 7 Kilometer Länge samt 650 Höhenmeter. Ziel ist die E-Bike-Ladestation.
Die Mautschranke will unseren Vorwärtsdrang nicht stoppen, genüsslich schwingen wir über die Asphaltpiste bergan, die Bosch-Motoren der Bikes summen leise. Gut 30 Minuten später erreichen wir das Basislager unserer „kleinen Glockner-Erstürmung“ am berühmten Lucknerhaus mit riesigem Parkplatz und - schau an, schau an - einer neuen E-Bike-Ladestation. Da die Akkus unserer Cube-Räder noch gut gefüllt sind, schließen wir sie stromlos fest und machen uns auf den Weg zu Fuß bergan entlang der Großglockner-Südflanke.

Etappenziel Nr. 4 ist die herrlich auf einem Plateau liegende Lucknerhütte auf 2241 m Höhe mit Außenterrasse, grandiosem Glocknerblick und einem Wirt, der auch sein kulinarisches Handwerk meisterlich beherrscht. Sein Tagesgericht Spinatspatzen mit Pfifferlingen ist ebenso ein Traum, wie Kirstens leicht scharfe Bergsteiger-Nudeln. Das alles garniert mit einem Panoramablick hinab ins Tal, der unbezahlbar ist.
So merken wir erst recht spät, dass der Großglockner im Rücken unser vermeintliches Desinteresse an ihm mit dicken Wolken bestraft, die sich inzwischen lückenlos um sein Haupt bis hinab zum imaginären Bauchnabel drapieren. Ein weiterer Aufstieg wäre konditionell zwar noch im Rahmen meiner Möglichkeiten, doch der optische Anreiz fehlt an diesem Tag. So wird der Abstieg retour zum Lucknerhaus und unseren E-Bikes ein genüsslicher Spaziergang.

Hier gibt es umfangreiche Infos:

Tourismusverband Osttirol

Mühlgasse 11
9900 Lienz
Österreich
Tel. +43 50 212 212
www.osttirol.com

Nach einem ehrlichen „Auf bald“ hinauf zum Berg huschen wir geschwind entlang der Isel nach Lienz mit imaginären Gepäcktaschen voller Erinnerungen an einen abwechslungsreichen und perfekten Tag in der Bergwelt Osttirols.

Und das mit dem Großglocknerblick holen wir nach. Sei es mit Wanderschuhen, im Radl- oder auch Motorradsattel, auf Quarter Horses, unter einem Gleitschirm oder im Cockpit eines Segelfliegers. Es gibt ja so viele Optionen ...