Auf Wiedersehen und bis bald
Diese letzte Rundreise spielt im südlichsten Ausläufer der Alpen, unmittelbar am Übergang zu Venetien. Die Alpen, insbesondere die Dolomiten prägen noch den Blick gen Norden, die Weiten der venezianischen Ebene, ja das Meer, die Lagune von Venedig schimmert bereits fern am südlichen Horizont. Und auch das letzte Basislager liegt im Cadore, dem Land der Gelatieri. Gleichwohl diese während unserer besten Reisezeit von April bis Oktober vermutlich mehrheitlich in Deutschland arbeiten, lohnt sich diese letzte Tour nicht nur fahrerisch, sondern auch kulinarisch. Auf geht's zu einem letzten norditalienischen Leckerbissen ...
In Pieve di Cadore am hervorragenden, tatsächlich aufgestauten Lago di Centro Cadore, beginnt das tägliche Vergnügen. Kurz nach dem 2. Weltkrieg angelegt prägt der See das Gesicht der gesamten Region. Pieve selbst besitzt ein sehenswertes Zentrum und bietet uns alles, was wir nach einem langen Tag im Mopedsattel wünschen, brauchen, fordern oder erhoffen.
Doch bevor wir uns im gastlichen Pieve di Cadore wohl verdient ausruhen, huschen wir erst einmal auf bekannter Piste gen Nordwesten, setzen wir in Lozzo di Cadore den Blinker zweimal rechts um nicht reserviert auf die Bergstrecke ins Sauris- Tal abzuzweigen. Denn der Passo della Mauria erwartet uns bereits zum Kurventanz.
Dass der knapp 1300 m hohe Pass in manchen Portalen vier von fünf Sternen bekommt, ist dort zwar Anlass für heiße Diskussionen. Stören wir uns nicht daran, bilden wir uns lieber eine eigene Meinung. Übrigens: Zwischen der obligatorischen Casa Cantoniera und dem Café am Scheitelpunkt zweigt eine Offroadpiste zum ehemaligen Soldatenfort auf dem Monte Miaron ab, die früher gesperrt, inzwischen aber offen sein soll. Schaut mal nach und sagt Bescheid. Oder schickt uns ein Foto. Dankeschön!
Wir folgen dem Tagliamento über Forni di Sopra über die 886 m „hohe“ Sella di Cima Corso, gönnen uns in Ampezzo einen Espresso. Frisch motiviert pendeln wir in einem weiten kehrenreichen Bogen über die Forca di Pani, deren enge und splittreiche Kehren Erfahrung im alpinen Motorradfahren verlangen. Alternativ geht es auch ganz bequem über die SS52 nach Medis und zum Forcella di Monte Rest, den wir diesmal in seiner vollen Länge und Schönheit erobern. Wer ein Picknick dabei hat, findet entlang der Strecke immer wieder herrlich aussichtsreiche Plätze zum Verweilen.
Rund um den Ort Montereale Valcellina laufen wir bereits Gefahr, uns in den nebelreichen Weiten der venezianischen Ebene zu verlieren. Also schnell den Blinker rechts gesetzt und das Tal des Cellina erneut flussaufwärts in „Angriff“ nehmen. Die kurvenreiche SR251 führt uns hinauf zum idyllischen Lago di Barcis sowie in einer weiteren Folge zum Passo di San Osvaldo auf 828 m mit seiner traurigen Geschichte.
Auch der Osvaldo gehört zu den Pässen, für die wir am Stammtisch selten Schulterklopfen bekommen werden. Das liegt aber nicht nur an seiner Unscheinbarkeit, sondern auch daran, dass ihn fast keiner kennt. Dabei erzielte er vor einigen Jahren traurige Berühmtheit, als an seiner Westrampe 1963 fast 2000 Menschen starben. Eine gewaltige, 270 Millionen Tonnen schwere Felswand stürzte in den Vajont-Stausee und löste eine derart gewaltige Flutwelle aus, dass diese weit über die Staumauer hinaus ins Tal schwappen konnte. Eigentlich hatte der Stausee zur Stromerzeugung für den Großraum Venedig erbaut und genutzt werden sollen.Pfusch am Bau, gefälschte Baugenehmigungen und rechtswidrig ausgeführte Arbeiten waren wohl die Ursache, warnende Stimmen von Alpinisten und Wissenschaftlern wurden damals ignoriert. Noch heute erinnern Denkmäler und Tafeln an diese wohl größte von Menschenhand ausgelöste Katastrophe in den italienischen Alpen. Noch heute kann man die heller schimmernde Bruchstelle am Monte Toc erkennen - Toc bedeutet übrigens im Italienischen „morsches Stück“.
In Longarone ist dann die Welt wieder „in Ordnung“, der Grusel samt Gänsehaut längst vergessen. Dies mehr jedenfalls, als der Passo Cibiana mit seinen 1530 Höhenmetern sozusagen als letzter alpiner Höhepunkt dieser Tour bereits auf uns wartet.
Auch als Forcella Cibiana ausgeschildert ist seine Piste stark bewaldet, ja an einigen Stellen derart schmal, dass selbst Auto und Motorrad aneinander vorbei zirkeln müssen. Ja der Cibiana gehört zu den eher unscheinbaren Kandidaten der italienischen Alpen. In unserem Lebensroadbook sollte er trotzdem nicht fehlen und einen gebührenden Platz erhalten. Dazu machen wir am Scheitelpunkt das „Ich-war-auch-hier-Foto“, schau um die Ecke, ob die Offroadpiste zum Gipfelfort auf dem Monte Rite vielleicht kurz frei zugänglich ist. Falls das Rifugio Dolomites oben am Berg geöffnet hat, haben wir eine Chance, die Piste zu erobern.
Und falls nicht, hält der Heimweg durch das Cadore-Tal zu unserem Ausgangspunkt einen erneut großen Querschnitt der fahrerischen und landschaftlichen Genüsse für uns bereit, für die es sich von Frühling bis Spätherbst lohnt, das Moped zu satteln und in Norditalien einen unvergesslichen Motorradurlaub zu erleben .
© Text Heinz E. Studt
ca. 230 km - Navigationsdaten zur Tour bei KURVIGER.de laden .Die Tour ist als Rundtour angelegt. Das heißt, der Einstieg ist an jeder Stelle der Runde möglich – einfach den Kurviger-Link anklicken, einen neuen Ausgangspunkt und festlegen los geht's! ...
Pässe und Alpenstraßen auf dieser Tour